Warum ich gerne übe

Warum ich gerne Cello übe,

- im Wesentlichen ist es ist der meditative Aspekt beim Üben. Die Auseinandersetzung mit meinem Geist, meinem Körper und dem Cello - kombiniert, in der Interaktion mit der Musik eines Fremden. In diesem Prozess fällt alles Gegenwärtige von mir ab. Ich spiele nicht Töne, ich spiele die Musik hinter den Tönen. Es erscheint mir wie ein Mantra - ein Gebet.
Schon die tägliche Begrüßung, das Cello stimmen, bereits bei den ersten Tönen loslassen und eins werden mit dem Klang. 
Das ist ein wunderbarer Augenblick - jedes mal wieder. Je mehr und je besser ich loslasse um so vollkommender wird der Klang des Cellos. 
Dann diesen Klang, diesen Bewusstseinszustand beibehalten und das Training mit der linken Hand beginnen. Anspruchsvolle Herausforderungen meistern und trotzdem im Loslassen bleiben - es entsteht eine unglaubliche Tiefe im Bewusstsein. 
Die Gefühle eines anderen, - gefangen in Noten und Tönen, zu befreien, zu verstehen was der Komponist gefühlt und durchlebt hat in der Phase dieser Niederschrift, - und dann alles entspannt aus der Tiefe meines Seins auf dem Cello darzustellen - das ist für mich Cellospielen. 
Eine offene, barrierefreie Begegnung mit mir und dem Komponisten. 

Anders als beim Sänger oder Bläser, muss der Streicher den intuitiven Darstellungsprozess, welcher sich im Menschen in Muskelanspannungen im Oberkörper und im Brustkorb äußert, auf die Kontaktstelle übersetzten. Jede An- oder Entspannung des menschlichen Oberkörpers, der die feinsten Nuancen unserer Regungen widerspiegelt, muss der Streicher in dem Bereich zwischen Griffbrett und Steg -wir nennen das die Kontaktstelle - wiedergeben. Das erfordert eine genaue Analyse beider Seiten: der menschlichen Stimme sowie der Kontaktstelle, den Bogen inbegriffen.

Ist die Musik qualitativ gut, so gewinnt jede erneute Beschäftigung mit ihr an Tiefe. Musizieren ist dann eine Begegnung mit gelebten und tief empfundenen Gefühlen, eine menschliche Auseinandersetzung, im Kontakt mit dem Komponisten.

Das Üben ist eine Zeit für mich, in der ich alles um mich herum vergesse.
Loslassen - der Wasserkocher pfeift, das Handy klingelt, Post kommt, meine Gegenwart ist allein die Welt meines Gegenüber, der Musik und dem Cello.
Habe ich einen guten Tag, dann erreiche ich hierbei einen anderen Bewusstseinszustand. Mystiker sprechen von einem unio mystica, dem Einssein mit allem. 
Üben ist ein Kraftquell.
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